Meinung: “DNSChanger” – Immer nur die halbe Wahrheit

Sobald es ein Virus prominent in die Tagesschau schafft, kann man trefflich die Verbreitungs-Mechanismen von Scheininformationen beobachten. “Millionen sitzen demnächst vor einem dunklen Bildschirm” oder “Können Sie ab März noch surfen?” lauten die Schlagzeilen. Ich las sogar in diesem Zusammenhang den Satz, das “DNSChanger” das Internet abschalte. Schlimmer noch: Fast alle aktuellen Meldungen über das Root-Kit “DNSChanger” unterschlagen, dass es sich – wie so oft – um eine Schadsoftware handelt, die in der Hauptsache Windows-Rechner befällt. Das ärgert mich als Linux-Nutzer! Denn Linux-Rechner sind – anders als anscheinend Mac-Nutzer – nicht betroffen. (Es bräuchte Root-Rechte, um die DNS-Server-Einträge eines Linux-Rechners umzuschreiben.)

Das BKA, das BSI und die stets hilfsbereite Telekom haben für den geplagten Windows-Nutzer eine Test-Seite (dns-ok.de) eingerichtet, für die es überflüssigerweise bereits tausende “Anleitungen” im Netz gibt: erscheint auf dieser Seite ein roter Balken mit einer Warmeldung, ist das System manipuliert (infiziert), bei grün ist alles in Ordnung. So weit, so einfach, sollte man meinen. Wer allerdings die orientierungslosen Kommentare verunsicherter Windows-Nutzer im Netz durchliest, fragt sich schnell, ob ein roter und ein grüner Balken reicht, um für Sicherheitsfragen zu senisibilisieren, wenn das Hauptsicherheitsproblem (neben dem Menschen vor dem Bildschirm) vor allem ein Betriebssystem ist, das solche Rechner-Manipulation überhaupt zulässt.

Achtung, hier lauern die Gefahren!

Mir kam auch schnell der Gedanke, dass so ein öffentlich gehypter Virus (dessen Konzept ja nicht neu ist, sondern auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat) im Übrigen die perfekte Methode wäre, um den Bundestrojaner auf möglichst vielen Rechnern zu implantieren. Das BKA ist ja bereits involviert… ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Offensichtlich bin ich aber mit den Gedanken an ein solches Szenario nicht alleine: es wird im Netz schon heftig darüber diskutiert.

Dass schon über 6 Millionen PC-Nutzer auf der Test-Seite dns-ok.de ihren Rechner gecheckt haben, werten BSI und BKA jedenfalls als großen Erfolg. Ich frage mich: für wen eigentlich? Für die Telekom? Für den Nutzer etwa, der sich nach dem Erscheinen des grünen Balkens beruhigt zurücklehnt, weil er sich nicht betroffen fühlt? Falsche Sicherheiten jedenfalls werden durch grüne Banderolen nicht besser, denn 6 Millionen auf die Windows-Industrie eingeschworene Benutzer werden bei so viel Kümmern bestimmt bei ihrem “sicheren” Produkt bleiben.

“DNSChanger” ist also mal wieder ganz großes Kino.
Mir fallen auch schon ein paar Sätze ein, die in der Folge unbedingt im Drehbuch einen zentralen Platz finden sollten, einer lautet:
“Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein…!”

Ulrich Berens

Mein Name ist Ulrich Berens, ich bin einer der Gründer von LUKi. Nicht nur privat, sondern auch dienstlich benutze ich seit 1998 Linux und beweise damit, dass sich Linux in einem kirchlichen Büro problemlos einsetzen lässt. Auf Mastodon bin ich als @infoleck@kirche.social unterwegs. Mein privater Blog findet sich unter: www.berens.net und mein Fotoblog unter: www.ulrich-berens.de. Berufliches findet sich unter familienseelsorge.de. Außerdem bin ich bei meiner lokalen Freifunk-Community aktiv.

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