Nostalgisch, nachhaltig oder blöd?

Das HP nx6110 vor dem Aufrüsten

Lohnt es sich, ein 13 Jahre altes leistungsschwaches Notebook so aufzurüsten, dass es heute mit einem modernen Linux-System benutzbar ist? Ein kleiner Selbstversuch.

Das HP/Compaq nx6110: von 2005

HP/Compaq nx6110
LUKi-Treffen 2007 in Wiesbaden: Vor mir das HP/Compaq nx6110

Mein zweites Notebook in meiner schon etwas längeren Computer-Historie war ein gebrauchtes HP/Compaq nx6110, das ich übrigens 2007 auf dem LUKi-Treffen dabei hatte. Verkauft wurde dieses Business-Notebook von HP ab 2005. Als ich es kaufte, lief Windows XP darauf – ich warf es runter und installierte Slackware. Ich habe das Notebook gern genutzt, besonders eine gute (!) Tastatur zeichnete das Gerät aus, es ließ sich prima darauf tippen. Ansonsten war alles dran, was man damals so brauchte:  15,1 Zoll LCD mit 1024×768 Bildpunkten, WLAN, DVD und eine 40 GB große Festplatte. Der Pentium M mit 1,7 Ghz und 1 GB RAM ermöglichten damals ausreichend schnelles Arbeiten.

Dejavu

Irgendwann später habe ich das Gerät dann doch zugunsten eines leistungsstärkeren Notebooks verkauft.
Bis – ja, bis es der Zufall so wollte, dass ich vor drei Wochen genau das gleiche Notebook von einer guten Freundin geschenkt bekam. Einziger Unterschied zu meinem Gerät damals: es waren nur 512 MB RAM verbaut. Meine Freundin meinte, das Ding sei kaputt, es würde nicht mehr booten. Das stimmte, es lag, wie ich herausfand, an der Festplatte. Ich hatte noch eine ungenutze alte, 2,5 Zoll-20 GB Festplatte mit ATA-Anschluss in meiner Hardwarekiste, die ich probehalber einbaute. Es bootete ein altes ubuntu 8.04 – das dauerte zwar ziemlich und der Desktop zeigte sich nicht, aber immerhin: das Notebook funktionierte grundsätzlich, ich kam bis zum Prompt an der Kommandozeile.

Wegwerfen?

Ich habe auch dann noch kurz überlegt, ob ich das Notebook entsorgen soll. Und hier setzt jetzt der nostalgische Teil ein: ich habs irgendwie nicht über mich gebracht, das Notebook wegzuschmeißen. Möglicherweise bin ich dafür generell zu computeraffin, aber ein Gerät, das funktioniert, einfach so wegwerfen?
Nö.

Versuche mit verschiedenen Systemen

Ich habe überlegt, wie ich das Ding weiter nutze: ein erster Gedanke war, es für künftige Linux-Kommandozeilen-Gymnastik zu nutzen, also Linux ohne grafischen Desktop zu installieren, einfach um zu schauen, wie weit ich damit komme: Email, chatten, Web – das alles auf Konsole!
Das erschien mir zunächst interessant. Ich installierte also Debian ohne grafischen Schnickschnack. Und ich stellte immerhin fest: das Compaq nx6110 kann sogar vom USB-Stick booten! Leider ist im Notebook jedoch ein WLAN-Chip von Broadcom verbaut und ich habe auf Konsole die Installation und Aktivierung des notwendigen (unfreien) Kernelmoduls zunächst nicht hinbekommen. Normalerweise kein Problem, wozu gibt es das Netz oder – falls das nicht hilft – das nächste LUKi-Treffen?! Aber ich bin ungeduldig, also musste es anderes gehen.

Ich versuchte zunächst verschiedene Systeme, Slitaz etwa oder Puppy-Linux und einige andere Linuxe, die für “schwache” ältere PC geeignet sind. Damit wollte bei mir jedoch keine rechte Freude aufkommen. Mal scheiterte die Installation, mal wollte ich mich mit dem Bedienkonzept nicht anfreunden.
Am Ende meiner Überlegungen kam ich darauf, dass ich einfach mal probieren wollte, das nx6110 so aufzurüsten, dass es einen Desktop schafft, den ich mag und gewohnt bin – und das bitte ausreichend schnell und flüssig.

Hardware-Ausbau: RAM

1 GB RAM – für 12 €. Das war ok.

Der erste Gedanke: RAM aufrüsten. Ich habe mich also im Netz umgeschaut. RAM war überhaupt kein Problem: ein Riegel Arbeitsspeicher, genauer: 1GB DDR SODIMM (200 pin) 333Mhz PC2700 Laptop-Speicher, fand ich im Netz für 10 Euro. Flugs tauschte ich den bodenseitig hinter einer Klappe verbauten Riegel mit 256 MB gegen das 1 GB-Modell aus. Das brachte schon mal etwas an Speed und das hektische Auslagern in den Swap-Speicher verringerte sich dramatisch beim Laden des Desktops.

Festplatte: SSD?

IDE-Adapter für die mSATA-SSD für 3,90 €.

Pferdefuß war jedoch noch immer die lahme 20 GB ATA-Festplatte. Ob es wohl SSD-Festplatten mit ATA/IDE-Anschluss, bzw. PATA/IDE-Anschluss gab? Ja, solche Laufwerke gibt es zum Beispiel bei ebay. Die waren mir aber deutlich zu teuer (z.B. 32GB IDE-SSD für ca. 60 Euro).

Ich habe in der Folge auch einiges darüber gelesen und war schon im Zweifel, ob ein solches Laufwerk überhaupt einen entsprechenden Performance-Schub bewirken würde. Preis und Schub jedenfalls standen für mich in keinem vernünftigen Verhältnis.

Dann jedoch bin ich bei Recherchieren über einen Adapter gestolpert, mit dem man SATA-Laufwerke an einen IDE-Anschluss bringen kann. Der Adapter war preiswert (keine 4 Euro) und bei den massenhaft am Markt vorhandenen SATA-SSDs war auch das Preis-Leistungsverhältnis deutlich besser.

Ein Adapter geht immer

Ich kaufte mir also neben dem genannten Adapter eine dazu passende mSATA-SSD mit Mini PCIe-Anschluss in der Größe von 64 GB, steckte beides zusammen und baute das Gespann über die entsprechende Bodenklappe in das Notebook ein. Das hat mich zusammen keine 40 € gekostet – das war vertretbar, fand ich.

Als alles eingebaut war und ich das Gerät von USB startete, war ich irgendwie sogar erstaunt, dass der PC die neue Disk klaglos erkannte und dass sich darauf problemlos lubuntu installieren ließ.

SSD
Die SSD auf dem entsprechenden IDE-Adapter im Festplatten Caddy des Notebooks. Damit sie etwas mehr Halt hat, habe ich ein Stück Pappe unterlegt.

Ergebnis? Viel besser!

Mit der neuen Hardware bootet das Gerät jetzt in brauchbarer Zeit bis zum Desktop durch.
Ein Vergleich mit der alten IDE-Platte ergab folgenden Unterschied, den ich mit der Smartphone-Stoppuhr gemessen habe:
Vom Bootmenu bis zum Desktop auf der alten IDE-Platte dauerte es 96 Sekunden, also mehr als eineinhalb Minuten.
Die neue SSD schafft das nun in 20 Sekunden.
Das nenne ich eine ganz ordentliche Performance-Steigerung!

Subjektiv gefühlt ist das Notebook insgesamt viel schneller geworden, und es lässt sich flüssig und ohne große Kaffeepause bedienen. Einziger Flaschenhals scheint mir die für heutige Verhältnisse doch sehr maue Grafikleistung zu sein. Der verbaute alte Intel-Grafikchip geht bei grafikintensiven Webseiten etwa deutlich in die Knie. Büroaufgaben schafft das System dahingegen locker. Auf die Installation von Boliden wie LibreOffice habe ich verzichtet, stattdessen nutze ich unter lubuntu leichtgewichtigere Software wie Focuswriter und Abiword. Alle sonstigen Tätigkeiten laufen flüssig und die von mir damals schon geliebte Tastatur ist immer noch top, ja man hat beim Nutzen des Gerätes das Gefühl, vor einem normal schnellen Notebook zu sitzen.

Fazit

Läuft!

Insgesamt hat mich das Aufrüsten des Systems etwas über 50 € gekostet. Klar, das Notebook ist durch die Maßnahmen immer noch keine Rakete geworden.
Man kann jetzt auch argumentieren, 50 € in ein Gerät zu stecken, das vor der Umrüstaktion vermutlich sogar weniger als 50 € wert war, ist schon ein bisschen gaga. Stimmt vermutlich.
Trotzdem: es hat Spaß gemacht. Und bis es dann irgendwann einmal Elektroschrott wird, darf es noch ein bisschen Spaß im Internet oder sonstwie beim Rechnen haben. Und irgendwie bleibt auch das schöne Gefühl, der Wegwerfgesellschaft ein klein wenig ein Schnippchen geschlagen zu haben.

Also: geht doch. 🙂

nx6110 mit lubuntu
Das nx6110 mit laufendem Desktop – nach der OP – mit äußerst verschönernden Linux-Aufklebern geschmückt

 

Ulrich Berens

Mein Name ist Ulrich Berens, ich bin einer der Gründer von LUKi. Nicht nur privat, sondern auch dienstlich benutze ich seit 1998 Linux und beweise damit, dass sich Linux in einem kirchlichen Büro problemlos einsetzen lässt. Auf Mastodon bin ich als @infoleck@kirche.social unterwegs. Mein privater Blog findet sich unter: www.berens.net und mein Fotoblog unter: www.ulrich-berens.de. Berufliches findet sich unter familienseelsorge.de. Außerdem bin ich bei meiner lokalen Freifunk-Community aktiv.

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3 Kommentare zu “Nostalgisch, nachhaltig oder blöd?

  1. Mit einem SATA-Laufwerk hab ich mal einen Laptop für den Müll auf die Überholspur geschickt. Unglaublich, was diese Dinger bewirken.
    Wenn das Wetter so bleibt, kann ich das Thinkpad T40 mal hervorkramen. Schön ist es ja. Aber bis jetzt scheue ich noch die Mühe des Recherchierens und Bastelns.
    Danke @Uli für den Motivationsschub.

  2. Hi,

    Ich hab hier ein T610 von HP mit einer AMD G-T56N APU.
    Nach etlichen Fehlversuchen mit unterschiedliochen Linuxvarianten bin ich bei Slacko-Puppy-Linux gelandet 64Bit – damit kann ich vom Stick booten.
    Nun hat das Gerät aber einen M-SATA Slot und den wollte ich ausprobieren – denn damit hätte ich einen netten kleinen lüfterlosen Rechner mit schnellem Speicher.
    dummerweise finde ich keine Anleituung, mit der ich diesen auch ansprechen kann. Das System verhält sich so, als sei dieser Speicher gar nicht vorhanden.
    Kennst Du eine Herangehensweise wie ich das ändern kann?

    Danke schonmal,

    CMA

  3. Da gibt es ja mehrere Möglichkeiten: entweder der Slot ist verbaut, aber gar nicht aktiviert (hardwareseitig). Hast du im BIOS nachgeschaut? Evtl kannst du da nichts machen.

    Oder aber: der Slot sieht nur so aus als könne er eine M-SATA aufnehmen. Er ist aber für eine andere Erweiterungskarte gemacht (zum Beispiel: WLAN).

    Ich hatte mal ein Notebook, bei dem genau der Casus knacktus war.

    Das war jetzt allerdings nur eine schnelle Antwort – bin gerade unterwegs. Ich schau mir das aber gerne noch einmal in der kommenden Woche an.

    Gruß,
    Uli

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