Dies ist der zweite Teil unserer Reihe zu quelloffener Bibelsoftware. Im ersten Teil hatten wir uns verschiedene Probleme proprietärer Bibelsoftware angeschaut. Offene Systeme haben diese Probleme nicht, da jeder sie mit seinem Programm unterstützen kann. Doch welche Systeme gibt es in diesem Bereich?
Es gibt einige freie und offene Formate für theologische Inhalte und Bibeln, einige davon sind allerdings nur noch von historischem Interesse (z.B. die Zefania XML Bible Markup Language).
Wichtig sind der Open Scripture Information Standard (OSIS), der ein XML–Format für Bibeln und Kommentare bietet. Involviert waren hier die American Bible Society und die Society of Biblical Literature, die das Konsortium der Bible Technologies Group gesponsort haben. Die letzte offizielle Version ist von 2006, danach scheint sich diese Gruppe aufgelöst zu haben. Die Webseite findet sich noch auf archive.org. Referenziert und teilweise weiterentwickelt wird dieses Format aber vom The Sword Project, dass von der CrossWire Bibel-Gesellschaft getragen wird.
Eigentlich handelt es sich weder um ein Format noch um ein eigenes Bibelprogramm: Vom Sword-Projekt wird eine API (Programmbibliothek, Wiki-Referenz für das Sword Projekt) zur Verfügung gestellt, die von anderen Programmen genutzt wird. Inhalte wie Bibeln oder Kommentare werden dabei als Plugins realisiert. Wir wollen zunächst in aller Kürze einen Überblick über die verfügbare Software und Inhalte geben um dann selber Inhalte zu generieren.
Doch ein Wort vorab zu den Inhalten, von denen jede Bibelsoftware lebt: Grundsätzlich können in einem solchen Projekt natürlich nur gemeinfreie oder freie Inhalte zum Download angeboten werden. Aber es gibt gute Neuigkeiten: Die Deutsche Bibelgesellschaft hat sogar die griechische Ausgabe des Neuen Testaments (den Nestle Aland, siehe NA28) im Angebot. Es besteht also die Hoffnung, dass zukünftig weitere Inhalte bereit gestellt werden können.
Sonst gibt es leider nur ein sehr dürftiges Angebot an älteren deutschsprachigen Übersetzungen, da die aktuellen Ausgaben mit einer proprietären Lizenz versehen sind. Man kann zwar mit einfachen Mitteln Bibeln vom BibleServer in ein OSIS-Format konvertieren, allerdings ist nicht klar, ob das sogar dann legal ist, wenn man das entsprechende Buch besitzt.
Bibelsoftware für SWORD
Eine gute Übersicht über alle verfügbaren freien Bibelprogramme findet sich bei der Offenen Bibel. Hier sollen nur kurz die drei wichtigsten Vertreter vorgestellt werden. Und nicht vergessen: Alle Anwendungen sind sozusagen Viewer für ein und die selben Inhalte. Es ist also dem persönlichen Geschmack und dem Bedarf an Features überlassen, welche Anwendung man bevorzugt.
Xiphos
Xiphos kommt aus der GNOME-Welt (ursprünglich hießt es GnomeSword) und bietet alle relevanten Funktionen. Die Benutzeroberfläche ist in Tabs angeordnet und kann bei Bedarf in Fenster ausgegliedert werden. Es stehen Volltextsuchen zur Verfügung, die auch über mehrere verschiedene Inhalte ausgeführt werden können. Es steht eine Interlinearansicht zur Verfügung. Außerdem können Nutzer neben persönlichen Notizen und Lesezeichen auch eigene Module erstellen wie z.B. Gebetslisten und Kommentare.
Dabei können Lexika- oder Wörterbucheinträge auch direkt aus dem Text abgerufen werden: Über ein Kontextmenü (Rechtsklick) können markierte Wörter in allen installierten Werken nachgeschlagen werden. Sind Bibelstellen oder Verweise auf andere Werke (z.B. Strong’s Dictionaries) schon verknüpft, können diese mit einem einfachen Mausklick ausgewählt werden.
BibleTime
Einen ähnlichen Umfang hat das Projekt BibleTime, dass für KDE ausgelegt ist. Es hat eine etwas andere Oberfläche und in der neuesten Version 3.0 auch neue Features. Die wichtigsten sind das durchscrollen durch Bücher (während man davor immer ein neues Kapitel auswählen musste) und die verbesserten manuellen Annotationen.
Tyndale STEP
Tyndale STEP ist eine webbasierte Software (die nur für Windows und Mac als Desktopanwendung zur Verfügung steht) und vor allem Theologen im Fokus hat. Die Oberfläche ist sehr gefällig und interaktiv.
Inhalte
Für die theologische Arbeit ist es wichtig, einen Überblick über die verfügbaren Module zu geben. Es gibt dabei (a) Module, die käuflich erworben werden können, (b) solche, die frei verfügbar sind (gemeinfrei), (c) solche, die zwar gemeinfrei oder frei verfügbar sind, deren Lizenz aber keine freie Zirkulation als SWORD-Modul erlauben und (d) Werke, die man nur privat nach SWORD konvertieren darf. Letzteres sind bspw. Bücher, die man gekauft hat und selber digitalisiert oder die man als PDF oder epub erworben hat und ebenfalls entsprechend konvertiert.
Für den deutschsprachigen Nutzer sind folgende Inhalte relevant (nicht abschließende Liste):
Grundtexte und Bibelübersetzungen:
- Westminster-Leningrad-Codex (entspricht der Biblia Hebraica Stuttgartensia) (b)
- SBL Greek New Testament (b)
- Nestle-Aland 28 (käuflich über die DBG zu erwerben) (a)
- Hoffnung für alle mit Worterklärungen (käuflich zu erwerben) (a)
- Die Übersetzungen vom BibleServer (d)
- Schlachter 2000 (*)
- Die Volxbibel gibt es hier.
Wörterbücher und Lexika:
- Neben den englischsprachigen Strong’s Dictionaries (b) können in deutscher Sprache Papes “Handwörterbuch der griechischen Sprache” konvertiert werden (d).
- Ein Griechisch-Deutsches Strong-Wörterbuch von Gerhard Kautz gibt es hier.
- Biblisches Namens-Lexikon, Evangelisches Gemeinde-Lexikon (*)
Kommentare und Studienbibeln:
- Neben Kommentaren von Matthias Ansorg (b) und Carl Heinrich Rieger (b) lässt sich die
- MacArthur Studienbibel der CLV im Internet beziehen und konvertieren (d) oder steht (*) zur Verfügung,
- William MacDonald: Kommentar zum Neuen Testament (Believer’s Bible Commentary – New Testament) (*)
- Benedikt Peters: 1. Petrus & Römerbrief (*)
- ebenso wie viele ältere Ausgaben von Neues Testament Deutsch, die digitalisiert zur Verfügung stehen und ebenfalls konvertiert werden können (d) – siehe den 4. Teil der Reihe.
(*) Das Archiv von sermon-online.com kann einfach als Repository eingepflegt werden (z.B. Xiphos: Bearbeiten -> Modulverwaltung). URL: ftp://ftp.sermon-online.com/german/sword, User anonymous. Siehe auch den folgenden Screenshot:
Grundsätzlich wäre es lohnenswert, alle theologischen Inhalte die im Internet abgerufen werden können oder über Uninetzwerke verfügbar sind sowie entsprechende Konverter aufzulisten. Für ersteres gab es bei der Offenen Bibel historisch einen Ansatz, hier wäre die Frage, wie die Weiterentwicklung aussehen könnte? Andere Bücher, etwa das deutschsprachige Hebräischwörterbuch von Gesenius, sind im Internet Archive abzurufen (PDF), aber bisher nicht (bzw. nur in der englischsprachigen Fassung) digital editiert. Dies für die deutschsprachige Ausgabe zu ergänzen wäre eine durchaus sinnvolle, aber auch harte Arbeit (siehe den zukünftigen Teil 4).
Ein Theologiestudent muss sicherlich noch zusätzlich einen Gang in die Bibliothek unternehmen. Für ein privates Bibelstudium stehen aber auch genügend deutschsprachige Ressourcen zur Verfügung. Vielleicht lassen sich ja zukünftig auch noch mehr Verlage oder die Dt. Bibelgesellschaft überzeugen Module für SWORD zur Verfügung zu stellen?
In den folgenden Teilen schauen wir uns zunächst an, wie man sehr einfach eigene Inhalte generieren kann und mit den gegebenen Ressourcen vom Text zur Predigt kommt.
“Man kann zwar mit einfachen Mitteln Bibeln vom BibleServer in ein OSIS-Format konvertieren…”
Bin kein Programmierer, würde aber gern eine bestimmte Bibel von BibleServer in OSIS bzw. XML konvertieren. Gibt es dafür ein Online-Tool, oder wie kann ich das bewerkstelligen? (sitze an einem MacBook…)
Danke für deinen Kommentar, Thomas! Die zweifelhafte Legalität wird ja im Beitrag erwähnt. Von daher möchten wir hier keine Hinweise aufschreiben wie das funktioniert.
Tatsächlich ist das mit dem Scrapen so eine Sache. Besitzt man das Buch, kann man es natürlich digitalisieren. Das Scrapen größerer Teile von Webseiten ist aber z.B. für wissenschaftliche Tätigkeiten wiederum meines Wissens nach legal.
Als erste Anlaufstelle kann aber tatsächlich das neue Projekt dienen, dass sich explizit der Schaffung neuer deutschsprachiger Module aus Public Domain Quellen widmet. Dort gibt es auch ein paar Skripte, die einem die Arbeit dabei erleichtern können: https://github.com/GermanSwordModules/ – Dazu aber vielleicht dann in Zukunft auch mal ein eigener Blog-Beitrag?