Wer am Computer mit der Bibel arbeiten möchte, hat dazu unzählige Möglichkeiten. Dabei reicht die Bandbreite vom persönlichen Bibelstudium oder den Tageslosungen bis hin zur Theologin oder zum Theologen, Pastorinnen und Pastoren, die sich beruflich in der Tiefe mit der Bibel auseinandersetzen müssen. Gerne werden Bibelstellen gesucht, eine Konkordanzfunktion genutzt, Bibelübersetzungen parallel angeschaut. Aber auch der direkte Verweis auf weitere Inhalte wie Lexikonartikel, Kommentare oder Karten ist natürlich ein Plus.
Als Funktionen sind also – neben dem puren Anzeigen von Bibeltexten in unterschiedlichen Sprachen – folgende Funktionen zu nennen:
- Stichwortsuche (Konkordanz) und Suche in mehreren Werken
- Verweise auf andere Werke, Fußnoten, Querverweise
- Interlinearansicht (mehrere Sprachen Wort für Wort), Evangeliensynopse sowie Parallelansicht mehrerer Übersetzungen
- Eigene Notizen, Kommentare, Lesezeichen, Querverweise, Journale, Gebetslisten, …
- Das Einbinden von Bibelleseplänen, Erklärungen oder Losungen,
- Lesen von weiteren Werken: Kommentaren, Atlanten, Lexika, Sekundärliteratur usw. – wobei diese alle Verknüpft sind, d.h. ein Klick auf eine Bibelstelle in einem Kommentar springt sofort zu dieser Stelle.
Es gibt kostenlose webbasierte Angebote wie den BibleServer, kostenlose Apps für’s Handy oder das Tablet und natürlich Software für den PC. Dabei reicht die Bandbreite erneut von kostenloser Software bis hin zu teilweise sehr teuren Softwarepaketen wie Logos oder Accordance. Einige dieser Produkte wie die Stuttgarter elektronische Studienbibel oder BibleWorks wurden im Laufe der Zeit schon eingestellt. Der Markt scheint also einigermaßen gesättigt zu sein.
Alle kommerziellen Produkte haben zentrale Probleme, die die Rechte des Nutzenden einschränken:
- Inhalte, Bücher und Dokumente können nur in einem proprietären Format gekauft werden. D.h. es ist später nicht möglich, einfach auf ein anderes Programm umzusteigen und die gekauften Inhalte weiterhin zu nutzen.
- Ebenso sind viele Angebote auf das Internet angewiesen. Somit können diese Angebote für verfolgte Christinnen und Christen oder für Christinnen und Christen in einer schwierigen politischen Region der Welt nicht genutzt werden. Ebenso werden häufig Notizen und Anmerkungen der Nutzer über das Internet synchronisiert. Der Vorteil ist sicherlich, dass es damit eben überall zur Verfügung steht – es werden aber keine Angaben über die Verschlüsselung dieser Daten gemacht. Das Führen von Gebetslisten oder Anmerkungen mit ähnlichen persönlichen Inhalten sind somit mehr als kritisch. Auch diese Daten gehen bei einem Softwarewechsel verloren.
- Man hat damit auch keine vollständige Kontrolle über den Inhalt. Theoretisch können Texte verändert, zensiert und gekürzt werden, ohne dass man etwas davon mitbekommt.
- Das Erstellen von eigenen Inhalten ist somit nicht möglich, da man Teil des entsprechenden kommerziellen Ökosystems werden muss.
- Die zur Auswahl stehenden Inhalte sind beschränkt. Anders als bei einer Bibliothek kann ich mir nicht alle zur Verfügung stehenden Bücher ausleihen – oder mir das entsprechende Buch besorgen. Sondern ich bin auf den Anbieter angewiesen. Ein guter Indikator dafür sind bspw. die zeitliche Dauer von manchen Wünschen in der Logos-Wunschliste.
- Das größte Problem ist aber die Einschränkung der Nutzerschaft: Nicht alle Christinnen und Christen oder Theologinnen und Theologen verfügen über die entsprechenden finanziellen Mittel. Die Software kann nicht geschwisterlich geteilt werden, sie schließt Nutzer anderer Betriebssysteme aus und sie ist somit nicht nur ein Hindernis für alle, die die Bibel studieren wollen, sondern auch ein Hindernis für die freie Verbreitung des Evangeliums.
Offene Systeme haben diese Probleme nicht, da jeder sie mit seinem Programm unterstützen kann. Das werden wir im Folgenden auch sehen: Für die gleichen Inhalte gibt es verschiedene Programme um diese zu betrachten.
Es ist aus wissenschaftlicher Perspektive aber auch noch ein weiteres Problem zu nennen: Die großen kommerziellen Produkte taugen in aller Regel nicht für die gute wissenschaftliche Praxis. Werden beispielsweise Wortstudien durchgeführt, müssen die verwendeten Suchalgorithmen, statistischen und linguistischen Modelle sowie Verlinkungen zwischen Entitäten (d.h. z.B. Wörtern und ihren Übersetzungen) transparent und nachvollziehbar sein. Sonst ist diese Studie für niemanden reproduzierbar – eines der zentralen Merkmale von wissenschaftlichen Arbeiten. Hier sind andere Disziplinen schon deutlich weiter, etwa die Bio- und Medizininformatik.
In Teil 2 wollen wir uns deshalb freie und offene Formate für theologische Inhalte und Bibeln, Software für Linux und andere Betriebssysteme sowie das Erstellen von eigenen Inhalten anschauen.
Dies wird eine Blogserie mit mehreren Beiträgen, Folgeposts werden wir entsprechend verlinken.
2 Kommentare zu “Bibelsoftware – die Bibel mit quelloffener Software studieren (1)”