Es hat wieder Mordsspaß gemacht. Wir sind totkaputt, aber zufrieden. Unser Stand auf der Kirchenmeile hatte durch den genialen Spruch „Jesus würde Linux nutzen“ eine unerwartet große Öffentlichkeit erreicht:
Bislang meine Lieblingsthese beim Katholikentag. #kt18@lukiev @OfFeb pic.twitter.com/129THUk32q
— Verena Holtz (@VeHoltz) 10. Mai 2018
Der Katholikentag punktete mit seiner Vielfalt. Die konnte man auf der Kirchenmeile mit sehr unterschiedlichen Ständen mit sehr unterschiedlichen Zielsetzungen, die sich teilweise widersprechen und doch katholisch sind, eindrucksvoll erfahren. Auch wir mischten da mit. Interessierte bekamen wie bei Johannes dem Täufer – Lukas 3, 10-14 – individuelle Antworten.
Linux? Linux!
Viele kannten Linux bereits. Andere hatten noch nie davon gehört.
Viele wissen um Microsofts Marktmarkt, halten es aber nicht für möglich, Linux zu nutzen.
Manche waren sehr erfreut, Linux in der Kirche anzutreffen. Sie wollen mit uns vernetzt bleiben.
Manche fanden es großartig, dass man Laptops, die mit Windows nicht mehr zu gebrauchen sind, mit Linux ans Laufen kriegt.
Digitale Nachhaltigkeit
Die Sache mit der digitalen Nachhaltigkeit sprach etliche Menschen an. Kein Wunder: Nachhaltigkeit ist in Zusammenhang mit Bewahrung der Schöpfung und Gerechtigkeit für eine Welt vielen als Begriff bekannt. Aber was ist digitale Nachhaltigkeit?
“Denn jede Sache, die durch Weitergabe an andere nicht weniger wird, besitzt man noch nicht so wie man soll, solange sie nur besessen und nicht an andere weitergegeben wird.” — Augustinus von Hippo. De doctrina Christiana. I.1 (397 n. Chr.)
Eigenartig, wie wenig wir gesamtgesellschaftlich den digitalen Wandel mitgestalten. Er droht am Horizont, aber ist für Viele doch weit weg.
Katholikentag: Vernetzt Kirche sein
Der Katholikentag ist ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Wen man so alles trifft! Und manchmal staunt man doch, was aus alten Bekanntschaften oder Studienfreunden geworden ist. Kurios, dass Menschen ohne Gemeindeanbindung sich auf dem Katholikentag zu Hause fühlen konnten.
Die finanzielle und personelle Situation der Bistümer beobachten wir mit Sorge. Ob das alles gut geht?
Wenn wir durch Katholikentage und andere Treffen unsere Gemeinschaft als Glaube in Vielfalt erfahren können, kann das ein Hinweis sein, wie es mit der Kirche Christi weitergehen gehen kann.
Vernetzt.
Mit zuverlässigen Kommunikationsmöglichkeiten.
Als Brüder und Schwestern.
Am Stand
Geschwisterlich war auch unser Einsatz am Stand: LUKi? Offene Bibel? Pah! Jede/r war Ansprechpartner für alle Themen: Dorothee, Jan, Sebastian, Olaf, Jonathan, Helmut, Peter, Uli, Wolfgang – sozusagen alles Universal-Spezialisten. Wir trotzten dem Regen, dann der Hitze, klärten die vielen Fragen der Besucher und teilten Russisch-Brot.
Und natürlich nicht zu vergessen: die Runa. Zusammen mit den Liegestühlen sorgte Helmuts Hündin, die sich am Stand geduldig durch die Tage hechelte, für den gewissen Chill-Faktor.
Über 70.000 Besucher! Wir haben das gespürt. Die Besucher drückten durch die Gassen der Kirchenmeile. Manche übersahen unseren Stand vor lauter Menschen, andere blieben trotzdem stehen, freuten sich darüber, das wir da waren, kamen auf uns zu, suchten das Gespräch. Eine schöne Erfahrung, weil mit sehr viel Zustimmung verbunden.
Müll & Bauchgrummeln
Ein Wort zum Schluss: Müll. Da haben wir in unseren Organisationen noch viel Luft nach oben. Die Müllberge am Schluss der Kirchenmeile befanden sich da, wo die Mülleimer standen, aber die Mülleimer waren nicht mehr zu sehen. Es ist verständlich, dass man mit dem Müll irgendwo hin muss. Ein ganzes Regal lag da. Essensreste, die noch essbar aussahen. Flyer ohne Ende. Könnte man für Großveranstaltungen besser planen? Wir sind eine gewisse Herangehensweise an das Organisieren von Veranstaltungen gewohnt. Man hat da Routine. Es ginge besser.
Die Toiletten wurden von zwei externen Unternehmen aufgebaut und begleitet. Das eine Unternehmen machte es, wie wir es in Deutschland oft kennen: Ein Mensch für viele Toiletten, den ganzen Tag am Putzen und am Papier nachlegen (wobei der Nachschub schon mal stockte). Sah nach Niedriglohn aus. Sah nicht gut aus. Bauchgrummeln bei uns.
Das andere Unternehmen hatte lustige Plumpsklos aufgestellt, wobei leider wenige Nutzende das mit dem Streu, der anschließend auf den Auswurf kommt, kapiert hatten. Eine barrierefreie Toilette gab es dort nicht. Egal. Guter Ansatz. Auch weil jeweils ein Team vor Ort war.
Abbau chaotisch
Während am Mittwoch Nachmittag der Aufbau wie geplant verlief, gerieten sämtliche von den Organisatoren kommunizierten Pläne für den Abbau aus den Fugen. Die Zeit stimmte nicht (es ging eine Stunde später los). Der Ort stimmte nicht (Einfahrt im Süden, nicht im Norden). Es gab ein Verkehrschaos in der Innenstadt rund um den Schlossplatz, wo die Kirchenmeile angesiedelt war. Genervte Ordner, patzige Polizisten auf Fahrrädern.
Am Ende war es doch geschafft, weil einige von uns einfach ausgeharrt haben bis zum Schluss.
Standabnahme – und tschüss Münster!
Was mir gut gefiel: die Atmosphäre in Münster. Sehr viele offene, hilfsbereite, aufmerksame Menschen, mit denen es leicht fiel, ins Gespräch zu kommen. Neben der gegenüber meinem letzten Katholikentag in Regensburg mit nur 15000 Besuchern erhöhten Besucherzahl vor Ort, gefiel mir vor allem dies: es waren viel mehr jüngere Leute da!
Und dann dies: Linux ist bekannt. Richtig bekannt!
Bei vielen war das Genervtsein von Windows zu spüren. Andere waren genervt davon, dass Kirchenentscheider sich stets nicht für Linux entscheiden, sondern lieber Geld für Proprietäres ausgeben.
Weg von Monopolen: das betraf nicht nur die Systeme von Microsoft, sondern auch die Nutzer von Smartphones. Google und Apple nerven die Leute! Apps, die ungefragt einfach das eigene Smartphone bevölkern, sehen viele kritisch, sie suchen Antworten, wie sie sich von dieser ungewollten Vormundschaft befreien können. Unsere Flyer dazu gingen weg wie geschnitten Brot.
Das sollte in Zukunft für uns LUKis ein größerer Schwerpunkt sein. Beschäftigen wird es uns auf jeden Fall.
Was wir brauchen: eine neue Aufklärung! Eine “Digitale Aufklärung”. Und eine “ethisch begründete” Digitale Aufklärung.
Schnellentwurf. Nimmt man die “klassische” Definition von Aufklärung durch I. Kant [1]:
dann könnte dieser Leitsatz heute lauten:
“Digitale Aufklärung ist das Überwinden der selbstverschuldeten Bevormundung des digital vernetzten Menschen durch multinationale monopolisierende IT-Konzerne. Selbstverschuldet ist diese Bevormundung deshalb, weil diese nur aufgrund der Tatsache entsteht, dass dem Mensch der Mut und der Entschluss fehlt, statt der bevormundenden Software bereits vorhandene freie und frei verfügbare Software einzusetzen, die ihn eben nicht ausspioniert und steuert, sondern ihm selbst die Kontrolle über sein eigenes digitales Leben lässt.”
Dann noch – unsortiert – ein Gedanke, der auch einen Transfer anbietet vom Freier Software zum Christlichen:
Freie Software ist für mich “digitale Brotvermehrung”. Wenige geben, alle werden satt.
Ich merke gerade, Münster war ein guter Ort, um solche Gedanken entstehen zu lassen! Danke, Münster!
Danke auch an alle, die am Stand waren: der Austausch und das tolle Miteinander hat mich – wie immer eigentlich – richtig bereichert und geflasht. 😀
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[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Beantwortung_der_Frage:_Was_ist_Aufkl%C3%A4rung%3F
Danke Dorothee für den tollen Einblick und danke euch allen für euren Einsatz!
Danke auch an Uli für deinen Kommentar und die nachdenkenswerten Gedankenflashs.
Schön, bei diesem Verein dabei zu sein.
Stefan
Ulrich, ich hab mir Deinen “Schnellentwurf” mal genauer angesehen:
https://blog.debenny.de/2018/05/16/digitale-aufklaerung/
Hallo Benny,
ich habe gerade Deinen Beitrag auf Deiner Webseite gelesen und gedacht: Ja, in die Richtung will ich und sollten wir weiterdenken.
Meine Gedanken habe ich bewusst überspitzt formuliert.
Ich denke, das Ganze ist letztlich ja auch keine Frage der Formulierung, an der es immer irgendetwas zu bekritteln gibt. Wenn ich mir z.B. Deinen in Deinem Artikel formulierten Satz anschaue:
Dann gefällt mir “digital aktiv” sehr gut, aber beim kantschen Wort “Ausgang” muss ich an alles denken, nicht aber an das, was Du vermutlich meinst.
Also: lass uns da am Ball bleiben…! 🙂
“Ausgang” hab ich auch nur genommen, weil es mir “prozessorientierter” als “überwinden” vorkam. Für mich ist das alles ne Frage von: Wie weit will ich gehen?
Meine Oma hat von Computer keine Ahnung. Mein Vater ist froh, wenn er mit Windows und google seine Arbeit getan kriegt, in jüngeren Jahren war er durchaus engagiert, inzwischen ist es ihm aber zu viel, sich in Neues einzudenken. Ich bin an dem Punkt noch nicht angekommen, aber ich seh mich jetzt auch nicht irgendwann Maschinencode lesen um zu sehen was der Code *wirklich* macht 😉
Und ja, am Ball bleiben: Unbedingt!
I would use Linux. Jesus is the King of the world. So don’t use His name in your advertisement.