Von der Freiheit eines Christenmenschen in der Wahl der Mittel bei der Einrichtung eines gemeindeeigenen Servers

Ther is no cloud, just other people's computers

Wenn Sie Technik nicht studiert haben, staunen Sie schon mal sehr über das Fachwissen der Open-Source-Gemeinde. Aber man versichert Ihnen glaubhaft, dass es nicht schwer sei und Sie Hilfe bekämen. Also: Rauf aufs Eis. Doch dann klappt das Einkaufen der Domain nur hakelig und wie da nun Content drauf soll … öm … . Nun. Wenn ich es in meinen Worten sage, kriegt der Support im besten Fall einen Lachflash. Aber es gibt auch die IT-Abteilungen, die erst gar nicht antworten. Auf Twitter gibt es einen Account, der die dööfsten Supportanfragen zum Inhalt hat.
Im Titel dieses Beitrags nehme ich Bezug auf das Lutherjahr. Das tun momentan so gut wie alle. Hier passt es ja auch. Von der Freiheit eines Christenmenschen soll die Folie sein, auf der ich reflektiere. Vielleicht können Sie mir folgen. Wir haben nämlich heutzutage die Mittel, auch wenn uns Nutzern ohne Technikkenntnisse – NoT – der Blick unter die Haube nicht viel bringt. Im Laufe meines Berufslebens habe ich aus ethischen Gründen Linux zu meinem Betriebssystem erkoren, auch wenn die Anfänge schwer sind. Heute habe ich die Qual der Wahl der Distributionen und die Lukis hier machen einen ganz kirre mit immer neuen Entdeckungen. Was einem liegt, wo man bleiben kann, wie man seinen Arbeitsplatz einrichtet, muss letztlich jeder selber entscheiden. Da habe ich im Laufe der Jahre viel Erfahrung gewonnen und nun stehe ich mit 50+ am Beginn eines neuen Lernabschnittes:

  • Wie setzt man einen Server auf? (So heißt das ja wohl: aufsetzen)
  • Welche Datenbank lerne ich zu bedienen? (Diese ganzen Bezeichnungen und wie man die dann vom heimischen Herd auf den Server kriegt)
  • Was muss ich können und wo kann ich mit gutem Gewissen auf die Hilfe eines Experten setzen?

Braucht die Gemeinde einen eigenen Server?

Fakt ist: Wenn einem die eigenen Daten nur dann gehören, wenn sie auf dem eigenen Server liegen und wenn es Clouds nur auf den Computern anderer Leute rsp. Firmen gibt, dann ist es sinnvoll einen im Stromverbrauch armen, gut handhabbaren Server im Gemeindebüro oder einem der angrenzenden Räume stehen zu haben. Mich dürfen Sie da übrigens nicht fragen (s.o.).
Die quietschvergnügten Nerds in meiner Filterbubble werden nicht müde zu betonen, es gäbe in jeder Gemeinde Jugendliche, die Digital Natives seien und das bestimmt gerne machten. Unser Kirchenvorstand, ebenso das Prebyterium der Schwestergemeinde, schlägt die Hände über dem Aktenordner zusammen und damit ist der Vorschlag erledigt. Abgesehen davon muss Faktenwissen her, denn hier muss auch meinerseits Verantwortung getragen werden, also muss ich zumindest in der Lage sein, nützliche Fehlerbeschreibungen formulieren zu können (s.o.).

Meine geheimen Mittel

Gelernt habe ich viel aus der regelmäßigen Lektüre der c’t, denn in dieser im Heise-Verlag erstellten Zeitschrift kann jeder Computerfan auf seine Kosten kommen. Am Liebsten lese ich die Anleitungen zum Eigenbau von irgendwas und dem Umformulieren von Scripten. Am Schluss kann ich es immer noch nicht, habe aber einige Begrifflichkeiten kennengelernt, mit deren Gebrauch ich meine Anliegen an den Support bringen kann.
Ein weiterer Tipp für Arme und Reiche ist der O’Reilly-Verlag. Die Fachliteratur ist genau so, wie sie beschrieben wird. Eine Reihe E-Books gibt es kostenlos. Da kann man erst mal testen, ob es einem was sagt, das Thema. Wenn man erst mal angebissen hat, kauft man die Bücher gerne, denn sie bringen einen wirklich voran.
Die Lukis sind natürlich meine Nr.1. Ich lese Blogs und Tweets und habe damit eigentlich mehr als genug zu tun.
Seit wenigen Wochen bin ich Genossin bei Hostsharing, was ganz wunderbar ist, weil der Support unter Genossen wohltuend menschlich daherkommt. <Blödelmodus an> Ich warte stündlich darauf, aus der Genossenschaft ausgeschlossen zu werden, weil ich diesen Support über Gebühr belästige.</Blödelmodus aus> Mittlerweile besitze ich 2 Domains, die ich mit dem Blogsystem Known belebe.
Ich bin Mitglied bei FSFE. Da stoße ich zwar oft auf die Hürde der Englischsprachigkeit, aber das hilft mir, mich daran zu gewöhnen, dass Anleitungen in englischer Sprache erstellt sind und ich sie auch umsetzen kann. Momentan versuche ich einen Cardreader unter Linux ans Laufen zu bekommen, habe viele hilfreiche Hinweise und eine Menge Übung im Umgang mit der Konsole. Die Fülle der Informationen ist überwältigend, aber es ist spürbar eine Community.

Auf dem Weg zur Meisterschaft

Üben, üben, üben. Freie Software ist in vielen Bereichen bereits eingeführt und kann auch von Kollegen mit weniger Erfahrung als ich sie habe genutzt werden. Schwachstellen sind noch die Eigenständigkeit (eigener Server, um meine eigenen Daten selber besitzen zu können) und die Datensicherheit (was habe ich davon, wenn ich meine Mails verschlüsseln kann, aber meine Kollegen tun es nicht).
Es gehört Mut dazu, denn ich weiß, dass ich die Sprache der ITler nicht spreche. Aber die, mit denen ich kommuniziere, sind selber Menschen. Ich lese nur ihre Tweets oder Mails. Manchmal brauche ich etwas länger, den Sinn der Botschaft zu verstehen. An der Formulierung einer verständlichen Fehlermeldung muss ich auch noch arbeiten. Das ist ein gutes Übungsfeld für den Alltag, denn die Botschaften, die ich anderen Menschen in jeglichen Zusammenhängen gebe, sollten ebenso verständlich sein. Der Umgang mit dem Support macht mich fit für einen freundlichen Umgang mit meinem Nächsten, weil ich selber weiß, was Hilflosigkeit anrichten kann und wie schwer das Beichten ist.

Postscriptum: Für die vorösterliche Bußzeit

Ich nehme mir das 17. und das 18. Kapitel aus der Freiheit eines Christenmenschen von Martin Luther vor und bedenke von Zeit zu Zeit, was das für mich als Religionspädagogin und Nutzerin Freier Software bedeutet.

Dorothee Janssen

Dorothee Janssen, Gemeindereferentin im Bistum Essen. Mit folgenden Themen lass ich mich ködern: Finnland, Garten, Jazz, Museum, Musik, Science Fiction. Beruflich im Büro für Inklusion & Teilhabe. Privat zu lesen auf 793 km Rhein

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2 Kommentare zu “Von der Freiheit eines Christenmenschen in der Wahl der Mittel bei der Einrichtung eines gemeindeeigenen Servers

  1. Sehr schön, Dein Text! Danke!
    Das liegt wohl daran, dass er für die eigenen Erfahrungen so viel Wiedererkennungspotential bereit hält. Tja, aber, was soll ich sagen: da musst Du durch ;-D

    Immerhin ja mit uns…!

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